Eine Zitatsammlung zur Gleichstellungsarbeit und Karriere in der Wissenschaft an Hochschulen – Karrierehemmende Faktoren in der Wissenschaft
Zitate aus Interviews mit Hochschulgleichstellungsbeauftragten und Expertinnen
Wissenschaftskultur und Karrierebedingungen
„Ich habe vorher studiert in … Das war eine Riesenfakultät. Diese Fakultät bestand aus 100 Professoren. Und man musste sich bei denen, wenn man das wollte, eben habilitieren. Da war die gläserne Decke gar keine gläserne, sondern eine Betondecke. Da hatten Sie quasi null Chancen, sich in dieser Männergesellschaft in irgendeiner Form durchzusetzen. Da ist überhaupt keine Frau vorgekommen.“
„Die Frauen, die Erfolg haben, sind die, die in das männliche Raster passen.
„Die sehen die Frau zunächst nicht als Wissenschaftlerin sondern als Frau. Und beim Mann, da sehen sie sofort, der Mann, der kann das machen.“
„Es ist eine Struktur, eine Arbeitswelt, die für Männer vor 200 Jahren gemacht wurde, die nichts anderes zu tun hatten. Ob die immer effektiv arbeiten, sei dahin gestellt. […] Und vielleicht ist es auch, das würde uns wahrscheinlich auch so gehen, sie neigen eher dem zu, oder der Mensch neigt eher dem zu, was er kennt. […] Dadurch kommt die sog. geschlechtshomogene Rekrutierung.“
„Dann verlängern sie einen nach dem anderen. Es gibt Leute, die hier bis 69 oder 70 sitzen. Erstens weil sie glauben, sie sind unentbehrlich, was ja gar nicht stimmt, und, gut, weil sie sich einen solchen Sockel sozusagen aufgebaut haben, dass sie durch die Vernetzung, die sie haben, mächtig sind.“
„Und das ist auch das große Manko der meisten Wissenschaftlerinnen, dass sie immer glauben, [das ist so], was ihnen innerhalb der Universität passiert. Sie blicken nicht nach draußen und fragen, Mensch, wieso ist es denn in Frankreich anders und warum müssen wir uns immer mit dem bequemen, was wir hier haben. Aber das ist, glaube ich, die deutsche Mentalität, immer nur auf das zu gucken, was man so vor der Nase hat. Und erst die jüngeren, die ja etwas mobiler geworden sind, die auch im Ausland waren und wieder zurückkommen, […] verzweifeln an diesem deutschen System. Formalismen der Nicht-Kommunikation, das ist eine große Beobachtung, die ich gemacht habe. Gerade bei Jüngeren, bei Männern und auch Frauen das gleiche Empfinden, dass wir hier zu fest betoniert sind. Auch in diesem Beamtentum der Professoren.“
„Ich hab immer gesehen, wie prekär das alles ist, so dass ich eigentlich immer dachte, das ist kein Berufsweg, den man, wenn man einigermaßen bei Verstand ist, wählen sollte. Weil es irgendwie aussichtslos ist. Man ist da in diesen Abhängigkeiten, ganz lange, und dann ist man irgendwann arbeitslos und kriegt nichts mehr.“
„So als Einzelkämpferin die nächsten 8 Jahre an der Habilitation zu arbeiten, könnte ich mir jetzt ehrlich gesagt nicht vorstellen. […] Man hat hier, also gefühlt, was ich so mitkriege, wenig Austausch mit Gleichgesinnten. Weil es gibt nur so wenige, die sich habilitieren, und da macht dann jeder sein Spezialgebiet. … Da muss man gern die ganze Zeit allein arbeiten wollen.“
Wissenschaftskultur und Karrierebedingungen in der Rechtswissenschaft
„Die Juristen sind, jetzt unter uns, ein Völkchen für sich. Das weiß auch irgendwie jeder. Sie beteiligen sich, wenn es irgendwie nötig ist und gesagt wird, du musst da einen hinschicken. Ansonsten sind sie so auf freiwilliger Basis zum Beispiel an den hochschulinternen Selbstverwaltungsgremien nicht beteiligt.“
„Bei Juristen ist das aus meiner Sicht so, dass sie genau wissen, was sie formal dürfen, und das stimmt nicht immer mit dem überein, was sie wollen. Und dementsprechend umgehen sie die Strukturen und zwar ganz knallhart. Das heißt, was an informellen Gesprächsebenen auch in allen anderen Fakultäten und überall, also in allen gruppendynamischen Prozessen, zu finden ist, das finde ich bei Juristen sehr ausgeprägt. Und da sind Frauen meistens ausgeschlossen. Das ist noch so ein Männernetworking.“
„Die haben das Recht gepachtet in der juristischen Fakultät, und sie fühlen sich deswegen irgendwie nicht an Leitfäden, Richtlinien, Handreichungen oder Sonstiges gebunden, weil sie die Auslegungsmacht [für sich beanspruchen], egal was unsere Richtlinien sagen. Und dann wird hin- und her argumentiert.“
„In der Rechtswissenschaft gibt es wirklich, so mein Eindruck, eine sehr konservative Grundhaltung – und dann auch die schwungvolle Bereitschaft, alles Mögliche für rechtlich zweifelhaft zu erklären, was natürlich hier unmittelbar mit der Ausbildung zu tun hat, aber auch Blüten treibt. Also eine Anekdote aus einem Berufungsverfahren: Ich finde es wunderbar, wenn die Juristen darüber abstimmen, ob sie das LGG berücksichtigen wollen oder nicht.“
„Also da sitzt man, sagt, ja, Sie haben ja jetzt hier keine Frauen in der Kommission, sie sollten noch eine Frau dazu nehmen. Wo steht das? In der Ordnung. Wo steht das, zeigen Sie mir das? Und dann immer so. Jungs, ihr seid doch Juristen.“
„Das heißt, dass es zumindest in der juristischen Fakultät, glaube ich, eher mit einem Malus verbunden wird, wenn man den Eindruck erweckt, dass man nur auf Frauennetzwerke setzt. Das mag mit dieser konservativen Grundeinstellung zusammen hängen. Diejenigen, die ich kenne, die das versucht haben, sind alle keine Professorinnen geworden.“
„Und ja, es ist so ein Gutsherrenstil, der Gutsherr muss einen mitziehen. Und was der dann erwartet, was man für ihn tut, das muss man machen. Und gerade bei den Juristen, ich hör das ja viel, dass die dann ganze Aufsätze schreiben für die Chefs und so. Und in der Fußnote wird dann dem Mitarbeiter gedankt. Das ist, glaube ich, schon sehr häufig.“
„Dann hab ich mal von einem anderen Professor gehört, der gesagt hat, ja, Frauen können ja mit viel Fleiß VB machen, aber dann wird’s auch schwierig nach oben.“
Juniorprofessur
„Also im Endeffekt müssen die sich habilitieren, haben den doppelten Druck. Es hat sich nicht bewährt, das Modell Juniorprofessur. Ich würde Frauen nicht raten, es zu machen, ehrlich gesagt. Sie sind Mädchen für alles in so einer Fakultät, müssen prüfen ohne Ende, haben eine größere Lehrverpflichtung, verzetteln sich total, weil sie oberfleißig sind. Die machen dann die Tagungen, die machen die Zeitschriften, das ganze Zeug. Haben keine Ausstattung. Es ist ja auch nur eine W1-Stelle. Genau wie die männlichen Assistenten auch. Werden nicht gefördert oben drein. Also, ich würde es nicht raten. Und mittlerweile ist das Etikett auch nicht mehr brauchbar. Wenn man sich habilitiert hat an einem ordentlichen großen Lehrstuhl bei einem Professor, der anerkannt ist, hat man viel mehr davon, wird viel schneller berufen, als ein Juniorprofessor, der sich alleine durchwurschteln muss. Ich würde es den Frauen nicht raten, das zu machen. […] Sie haben zwar einen schönen Titel, einen Professorentitel schon mit Ende 20 oder so, aber ich würde es ihnen trotzdem nicht raten.“
„Diese Juniorprofessur ist sicherlich eine tolle Möglichkeit für Leute, hier zu lehren und dort an die Fakultät zu kommen, aber die Arbeitsbelastung, die ist immens. Also das, was früher wissenschaftliche Assistenten gemacht haben, machen sie jetzt, plus noch ein Vielfaches an Lehre. Also ich, um ehrlich zu sein, weiß nicht, wie diese Frauen die Habilitation bewältigen wollen.“
„Die Juniorprofessur ist für Juristen eine schwierige Struktur, weil bei uns nach wie vor die Habilitation erwartet wird. Also ein zweites Buch muss geschrieben werden. […] Anders ist man nicht berufungsfähig letztlich. Für Männer ist es möglicherweise eher ein hinnehmbarer Zustand, wenn eine Partnerin da ist, die beispielsweise bei Kindern vorrangig für die Kindererziehung zuständig ist. Die können sich dann verstärkt auf die Karriere konzentrieren. Im umgekehrten Beispiel, bei Frauen, die sich vielleicht ebenfalls eine Familie wünschen oder die überhaupt erst einmal eine Familie planen möchten, ist es schwierig. Wie will man das noch neben den Lehrverpflichtungen, neben dem Publikationsdruck, schaffen? […] Also, da ist wahnsinnig viel Arbeit dahinter. Und das kollidiert.“
„Und das Problem bei den Juniorprofessoren: die haben ja keinen Mittelbau, die haben kein Sekretariat. Die haben eine studentische Hilfskraft.“
„Subjektiv würde ich sagen, eine Juniorprofessorin wird hier belächelt. Ich glaube nicht, dass sie auf Augenhöhe von irgendjemandem ernst genommen wird. […] Also so, wie Mittelbau.“
„Dann haben wir die W2-Professoren, also die jetzigen Nur-Professoren ohne Lehrstuhl und ohne Ausstattung, die haben wir als sogenannte Tenure Track Professuren seit 2007 umgestaltet. Das heißt, das ist eigentlich unser Nachwuchsförderinstrument. Nicht die Juniorprofessuren, die andere haben, weil die ja ins Nichts führen. Die bekommen eine enorme zeitliche Belastung aufgebürdet, mit vielen Anforderungen, wenig Gehalt, und am Ende steht Nichts. Sie münden im Nichts.“
„Die Versuchung ist sehr groß, sich bei der Juniorprofessur zu verzetteln. Man hat dadurch, dass man in die Fakultätsverwaltung eingebaut ist und dass man auch prüfen muss, dass man einige Doktorandinnen und Doktoranden hat, [dadurch] hat man viel mehr zu tun, als ich das auf meiner Assistentenstelle hatte. […] Und sie haben auf der einen Seite niemanden, der sie [schützt], es kommt natürlich immer ganz darauf an, wie man persönlich miteinander kann, auf der anderen Seite sind sie im Grunde von der ganzen Fakultät abhängig, denn wenn dann jemand unbedingt ihr Habilverfahren torpedieren möchte, dann haben sie auch niemanden, der sich so für sie verantwortlich fühlt wie eben der Professor, bei dem man Assistent ist.“
2.4 Berufungsverfahren
„[…]also das Berufungsverfahren ist im Prinzip der Knackpunkt.“
„Ich kann mal eine, übrigens meine Lehrstuhlvorgängerin, […] zitieren, die eigentlich […] jetzt nicht unbedingt jemand ist, die immer die emanzipatorische Fahne vor sich her trägt, aber die hat auch gesagt – und mir ging es ganz genau so – sie sei in ihrem ganzen Leben nie diskriminiert worden: an der Schule nicht, im Studium nicht, als sie promoviert wurde, als sie sich habilitiert hat, nicht, aber in dem Moment, in dem sie vor Berufungskommissionen stand, da ist sie an die gläserne Decke gestoßen. […] Zu meiner Zeit war es so, dass in Berufungskommissionen noch überwiegend die Generation der jetzt 55 bis 60-jährigen das Sagen hatte. Und unter denen gibt es noch viele, die vielleicht nicht ausgesprochen, aber unausgesprochen immer noch so das Gefühl haben, ein Professor ist ein Mann. […] Und da hab ich dann selber einige Erfahrungen in die Richtung gemacht. […] Man wird eingeladen, man freut sich, man fährt dahin, womöglich noch auf eigene Kosten, weil die meisten Bundesländer das nicht erstatten, hält da mit Herzblut und Engagement einen Vortrag und hört nie wieder was. Und erfährt irgendwann Monate oder Jahre später, auf die Stelle hat man ja sowieso nicht gepasst. Also, zunächst mal, wenn man so was vier- oder fünfmal erlebt hat, dann denkt man natürlich, es liegt an einem selber. Das motiviert einen dann auch nicht so fürchterlich. Und, was ich für noch problematischer halte, es spricht sich rum. Ja? Also in wissenschaftlichen Kreisen kennt man sich. Und irgendwann ist man dann die, die ja immer eingeladen wird und nie auf die Liste kommt.“
„Es gibt eine Berufungsbeauftragte bei uns, […] die manchmal in den Kommissionen dabei sitzt, so als Kontrollinstanz, und die auch gesagt hat, nirgendwo ist es so ruhig in den Kommissionen wie bei Jura. Also, sie meinte so zurückhaltend. […] Von vorne herein, lernt man, das glaube ich, sich zurückzuhalten, einen riesen Respekt zu haben vor den Professoren. […] Also nicht auf den Putz hauen und alles kritisieren. Es ist halt so, und das akzeptiert man. Das ist verstärkt bei den Juristen. In anderen Fächern, weiß ich, da laufen Berufungsverfahren ganz anders.“
„Was geschlechtsspezifisch diskriminierend sein kann in Berufungsverfahren, ist beispielsweise, dass man relativ stark darauf achtet, […] wieviel publiziert wurde. Also diese Publikationslisten. Und gerade Frauen, die Kinder haben und einfach auch den Schwerpunkt Familie in ihrem Leben haben, publizieren naturgemäß weniger.“
„In den einzelnen Berufungsverfahren erleben sie immer noch ganz klar Diskriminierungen. Deutungsmuster verschieben sich, Wertigkeiten verschieben sich. Wenn Frauen hohe Drittmittelakquise betrieben haben, sind Drittmittel nicht mehr so wichtig, wie wenn Männer das waren. […] Das, was ich glaube, was uns gelingt, ist, dass wir zunehmend nicht die einzigen sind, die diese Prozesse so sehen, dass es auch andere Korrekteure gibt, wenn man so will. Also dass Akteure in diesen Prozessen als Korrektiv mitwirken und nicht nur wir als die Frauenbeauftragten.“
„Ich hab ja selber häufig den Eindruck, dass Frauen anders angeschaut werden als Männer und einfach nach anderen Kriterien beurteilt werden. Also mir hat mal ein ehrlicher Kollege gesagt, bei Frauen spielt immer irgendwie das Äußere eine Rolle und zwar stärker als bei Männern. Sowohl wenn sie besonders attraktiv sind natürlich und wenn sie besonders unattraktiv sind erst recht. Also es spielt immer irgendwie eine Rolle. Unterschwellig. Wird natürlich nicht thematisiert. Und dann habe ich auch ein bisschen die Erfahrung gemacht, dass auch das Auftreten von Frauen anders bewertet wird als das von Männern. Wenn man beispielsweise eher locker und flapsig auftritt, dann wird das bei Männern als souverän bewertet und bei Frauen als unwissenschaftlich. Und wenn man, sagen wir mal, eher, es ist ja mitunter auch einfach ‚ne Typfrage, eher zurückhaltend und kühl auftritt, dann gilt das bei Männern eben als wissenschaftlich streng, bei Frauen eher als: mit der ist ja gar nichts anzufangen. Das sind, glaube ich, Dinge, die wirklich so ein bisschen unterschwellig eine Rolle spielen. Niemand wird heute mehr klar sagen, ich will keine Frau hier in der Fakultät. Aber gerade bei der Generation der jetzt 55/60-jährigen, die natürlich jetzt so allmählich aus den Unis rauswächst, gibt es diese Einstellung.“
Wissenschaftskultur und Karrierebedingungen
„Ich habe vorher studiert in … Das war eine Riesenfakultät. Diese Fakultät bestand aus 100 Professoren. Und man musste sich bei denen, wenn man das wollte, eben habilitieren. Da war die gläserne Decke gar keine gläserne, sondern eine Betondecke. Da hatten Sie quasi null Chancen, sich in dieser Männergesellschaft in irgendeiner Form durchzusetzen. Da ist überhaupt keine Frau vorgekommen.“
„Die Frauen, die Erfolg haben, sind die, die in das männliche Raster passen.
„Die sehen die Frau zunächst nicht als Wissenschaftlerin sondern als Frau. Und beim Mann, da sehen sie sofort, der Mann, der kann das machen.“
„Es ist eine Struktur, eine Arbeitswelt, die für Männer vor 200 Jahren gemacht wurde, die nichts anderes zu tun hatten. Ob die immer effektiv arbeiten, sei dahin gestellt. […] Und vielleicht ist es auch, das würde uns wahrscheinlich auch so gehen, sie neigen eher dem zu, oder der Mensch neigt eher dem zu, was er kennt. […] Dadurch kommt die sog. geschlechtshomogene Rekrutierung.“
„Dann verlängern sie einen nach dem anderen. Es gibt Leute, die hier bis 69 oder 70 sitzen. Erstens weil sie glauben, sie sind unentbehrlich, was ja gar nicht stimmt, und, gut, weil sie sich einen solchen Sockel sozusagen aufgebaut haben, dass sie durch die Vernetzung, die sie haben, mächtig sind.“
„Und das ist auch das große Manko der meisten Wissenschaftlerinnen, dass sie immer glauben, [das ist so], was ihnen innerhalb der Universität passiert. Sie blicken nicht nach draußen und fragen, Mensch, wieso ist es denn in Frankreich anders und warum müssen wir uns immer mit dem bequemen, was wir hier haben. Aber das ist, glaube ich, die deutsche Mentalität, immer nur auf das zu gucken, was man so vor der Nase hat. Und erst die jüngeren, die ja etwas mobiler geworden sind, die auch im Ausland waren und wieder zurückkommen, […] verzweifeln an diesem deutschen System. Formalismen der Nicht-Kommunikation, das ist eine große Beobachtung, die ich gemacht habe. Gerade bei Jüngeren, bei Männern und auch Frauen das gleiche Empfinden, dass wir hier zu fest betoniert sind. Auch in diesem Beamtentum der Professoren.“
„Ich hab immer gesehen, wie prekär das alles ist, so dass ich eigentlich immer dachte, das ist kein Berufsweg, den man, wenn man einigermaßen bei Verstand ist, wählen sollte. Weil es irgendwie aussichtslos ist. Man ist da in diesen Abhängigkeiten, ganz lange, und dann ist man irgendwann arbeitslos und kriegt nichts mehr.“
„So als Einzelkämpferin die nächsten 8 Jahre an der Habilitation zu arbeiten, könnte ich mir jetzt ehrlich gesagt nicht vorstellen. […] Man hat hier, also gefühlt, was ich so mitkriege, wenig Austausch mit Gleichgesinnten. Weil es gibt nur so wenige, die sich habilitieren, und da macht dann jeder sein Spezialgebiet. … Da muss man gern die ganze Zeit allein arbeiten wollen.“
Wissenschaftskultur und Karrierebedingungen in der Rechtswissenschaft
„Die Juristen sind, jetzt unter uns, ein Völkchen für sich. Das weiß auch irgendwie jeder. Sie beteiligen sich, wenn es irgendwie nötig ist und gesagt wird, du musst da einen hinschicken. Ansonsten sind sie so auf freiwilliger Basis zum Beispiel an den hochschulinternen Selbstverwaltungsgremien nicht beteiligt.“
„Bei Juristen ist das aus meiner Sicht so, dass sie genau wissen, was sie formal dürfen, und das stimmt nicht immer mit dem überein, was sie wollen. Und dementsprechend umgehen sie die Strukturen und zwar ganz knallhart. Das heißt, was an informellen Gesprächsebenen auch in allen anderen Fakultäten und überall, also in allen gruppendynamischen Prozessen, zu finden ist, das finde ich bei Juristen sehr ausgeprägt. Und da sind Frauen meistens ausgeschlossen. Das ist noch so ein Männernetworking.“
„Die haben das Recht gepachtet in der juristischen Fakultät, und sie fühlen sich deswegen irgendwie nicht an Leitfäden, Richtlinien, Handreichungen oder Sonstiges gebunden, weil sie die Auslegungsmacht [für sich beanspruchen], egal was unsere Richtlinien sagen. Und dann wird hin- und her argumentiert.“
„In der Rechtswissenschaft gibt es wirklich, so mein Eindruck, eine sehr konservative Grundhaltung – und dann auch die schwungvolle Bereitschaft, alles Mögliche für rechtlich zweifelhaft zu erklären, was natürlich hier unmittelbar mit der Ausbildung zu tun hat, aber auch Blüten treibt. Also eine Anekdote aus einem Berufungsverfahren: Ich finde es wunderbar, wenn die Juristen darüber abstimmen, ob sie das LGG berücksichtigen wollen oder nicht.“
„Also da sitzt man, sagt, ja, Sie haben ja jetzt hier keine Frauen in der Kommission, sie sollten noch eine Frau dazu nehmen. Wo steht das? In der Ordnung. Wo steht das, zeigen Sie mir das? Und dann immer so. Jungs, ihr seid doch Juristen.“
„Das heißt, dass es zumindest in der juristischen Fakultät, glaube ich, eher mit einem Malus verbunden wird, wenn man den Eindruck erweckt, dass man nur auf Frauennetzwerke setzt. Das mag mit dieser konservativen Grundeinstellung zusammen hängen. Diejenigen, die ich kenne, die das versucht haben, sind alle keine Professorinnen geworden.“
„Und ja, es ist so ein Gutsherrenstil, der Gutsherr muss einen mitziehen. Und was der dann erwartet, was man für ihn tut, das muss man machen. Und gerade bei den Juristen, ich hör das ja viel, dass die dann ganze Aufsätze schreiben für die Chefs und so. Und in der Fußnote wird dann dem Mitarbeiter gedankt. Das ist, glaube ich, schon sehr häufig.“
„Dann hab ich mal von einem anderen Professor gehört, der gesagt hat, ja, Frauen können ja mit viel Fleiß VB machen, aber dann wird’s auch schwierig nach oben.“
Juniorprofessur
„Also im Endeffekt müssen die sich habilitieren, haben den doppelten Druck. Es hat sich nicht bewährt, das Modell Juniorprofessur. Ich würde Frauen nicht raten, es zu machen, ehrlich gesagt. Sie sind Mädchen für alles in so einer Fakultät, müssen prüfen ohne Ende, haben eine größere Lehrverpflichtung, verzetteln sich total, weil sie oberfleißig sind. Die machen dann die Tagungen, die machen die Zeitschriften, das ganze Zeug. Haben keine Ausstattung. Es ist ja auch nur eine W1-Stelle. Genau wie die männlichen Assistenten auch. Werden nicht gefördert oben drein. Also, ich würde es nicht raten. Und mittlerweile ist das Etikett auch nicht mehr brauchbar. Wenn man sich habilitiert hat an einem ordentlichen großen Lehrstuhl bei einem Professor, der anerkannt ist, hat man viel mehr davon, wird viel schneller berufen, als ein Juniorprofessor, der sich alleine durchwurschteln muss. Ich würde es den Frauen nicht raten, das zu machen. […] Sie haben zwar einen schönen Titel, einen Professorentitel schon mit Ende 20 oder so, aber ich würde es ihnen trotzdem nicht raten.“
„Diese Juniorprofessur ist sicherlich eine tolle Möglichkeit für Leute, hier zu lehren und dort an die Fakultät zu kommen, aber die Arbeitsbelastung, die ist immens. Also das, was früher wissenschaftliche Assistenten gemacht haben, machen sie jetzt, plus noch ein Vielfaches an Lehre. Also ich, um ehrlich zu sein, weiß nicht, wie diese Frauen die Habilitation bewältigen wollen.“
„Die Juniorprofessur ist für Juristen eine schwierige Struktur, weil bei uns nach wie vor die Habilitation erwartet wird. Also ein zweites Buch muss geschrieben werden. […] Anders ist man nicht berufungsfähig letztlich. Für Männer ist es möglicherweise eher ein hinnehmbarer Zustand, wenn eine Partnerin da ist, die beispielsweise bei Kindern vorrangig für die Kindererziehung zuständig ist. Die können sich dann verstärkt auf die Karriere konzentrieren. Im umgekehrten Beispiel, bei Frauen, die sich vielleicht ebenfalls eine Familie wünschen oder die überhaupt erst einmal eine Familie planen möchten, ist es schwierig. Wie will man das noch neben den Lehrverpflichtungen, neben dem Publikationsdruck, schaffen? […] Also, da ist wahnsinnig viel Arbeit dahinter. Und das kollidiert.“
„Und das Problem bei den Juniorprofessoren: die haben ja keinen Mittelbau, die haben kein Sekretariat. Die haben eine studentische Hilfskraft.“
„Subjektiv würde ich sagen, eine Juniorprofessorin wird hier belächelt. Ich glaube nicht, dass sie auf Augenhöhe von irgendjemandem ernst genommen wird. […] Also so, wie Mittelbau.“
„Dann haben wir die W2-Professoren, also die jetzigen Nur-Professoren ohne Lehrstuhl und ohne Ausstattung, die haben wir als sogenannte Tenure Track Professuren seit 2007 umgestaltet. Das heißt, das ist eigentlich unser Nachwuchsförderinstrument. Nicht die Juniorprofessuren, die andere haben, weil die ja ins Nichts führen. Die bekommen eine enorme zeitliche Belastung aufgebürdet, mit vielen Anforderungen, wenig Gehalt, und am Ende steht Nichts. Sie münden im Nichts.“
„Die Versuchung ist sehr groß, sich bei der Juniorprofessur zu verzetteln. Man hat dadurch, dass man in die Fakultätsverwaltung eingebaut ist und dass man auch prüfen muss, dass man einige Doktorandinnen und Doktoranden hat, [dadurch] hat man viel mehr zu tun, als ich das auf meiner Assistentenstelle hatte. […] Und sie haben auf der einen Seite niemanden, der sie [schützt], es kommt natürlich immer ganz darauf an, wie man persönlich miteinander kann, auf der anderen Seite sind sie im Grunde von der ganzen Fakultät abhängig, denn wenn dann jemand unbedingt ihr Habilverfahren torpedieren möchte, dann haben sie auch niemanden, der sich so für sie verantwortlich fühlt wie eben der Professor, bei dem man Assistent ist.“
2.4 Berufungsverfahren
„[…]also das Berufungsverfahren ist im Prinzip der Knackpunkt.“
„Ich kann mal eine, übrigens meine Lehrstuhlvorgängerin, […] zitieren, die eigentlich […] jetzt nicht unbedingt jemand ist, die immer die emanzipatorische Fahne vor sich her trägt, aber die hat auch gesagt – und mir ging es ganz genau so – sie sei in ihrem ganzen Leben nie diskriminiert worden: an der Schule nicht, im Studium nicht, als sie promoviert wurde, als sie sich habilitiert hat, nicht, aber in dem Moment, in dem sie vor Berufungskommissionen stand, da ist sie an die gläserne Decke gestoßen. […] Zu meiner Zeit war es so, dass in Berufungskommissionen noch überwiegend die Generation der jetzt 55 bis 60-jährigen das Sagen hatte. Und unter denen gibt es noch viele, die vielleicht nicht ausgesprochen, aber unausgesprochen immer noch so das Gefühl haben, ein Professor ist ein Mann. […] Und da hab ich dann selber einige Erfahrungen in die Richtung gemacht. […] Man wird eingeladen, man freut sich, man fährt dahin, womöglich noch auf eigene Kosten, weil die meisten Bundesländer das nicht erstatten, hält da mit Herzblut und Engagement einen Vortrag und hört nie wieder was. Und erfährt irgendwann Monate oder Jahre später, auf die Stelle hat man ja sowieso nicht gepasst. Also, zunächst mal, wenn man so was vier- oder fünfmal erlebt hat, dann denkt man natürlich, es liegt an einem selber. Das motiviert einen dann auch nicht so fürchterlich. Und, was ich für noch problematischer halte, es spricht sich rum. Ja? Also in wissenschaftlichen Kreisen kennt man sich. Und irgendwann ist man dann die, die ja immer eingeladen wird und nie auf die Liste kommt.“
„Es gibt eine Berufungsbeauftragte bei uns, […] die manchmal in den Kommissionen dabei sitzt, so als Kontrollinstanz, und die auch gesagt hat, nirgendwo ist es so ruhig in den Kommissionen wie bei Jura. Also, sie meinte so zurückhaltend. […] Von vorne herein, lernt man, das glaube ich, sich zurückzuhalten, einen riesen Respekt zu haben vor den Professoren. […] Also nicht auf den Putz hauen und alles kritisieren. Es ist halt so, und das akzeptiert man. Das ist verstärkt bei den Juristen. In anderen Fächern, weiß ich, da laufen Berufungsverfahren ganz anders.“
„Was geschlechtsspezifisch diskriminierend sein kann in Berufungsverfahren, ist beispielsweise, dass man relativ stark darauf achtet, […] wieviel publiziert wurde. Also diese Publikationslisten. Und gerade Frauen, die Kinder haben und einfach auch den Schwerpunkt Familie in ihrem Leben haben, publizieren naturgemäß weniger.“
„In den einzelnen Berufungsverfahren erleben sie immer noch ganz klar Diskriminierungen. Deutungsmuster verschieben sich, Wertigkeiten verschieben sich. Wenn Frauen hohe Drittmittelakquise betrieben haben, sind Drittmittel nicht mehr so wichtig, wie wenn Männer das waren. […] Das, was ich glaube, was uns gelingt, ist, dass wir zunehmend nicht die einzigen sind, die diese Prozesse so sehen, dass es auch andere Korrekteure gibt, wenn man so will. Also dass Akteure in diesen Prozessen als Korrektiv mitwirken und nicht nur wir als die Frauenbeauftragten.“
„Ich hab ja selber häufig den Eindruck, dass Frauen anders angeschaut werden als Männer und einfach nach anderen Kriterien beurteilt werden. Also mir hat mal ein ehrlicher Kollege gesagt, bei Frauen spielt immer irgendwie das Äußere eine Rolle und zwar stärker als bei Männern. Sowohl wenn sie besonders attraktiv sind natürlich und wenn sie besonders unattraktiv sind erst recht. Also es spielt immer irgendwie eine Rolle. Unterschwellig. Wird natürlich nicht thematisiert. Und dann habe ich auch ein bisschen die Erfahrung gemacht, dass auch das Auftreten von Frauen anders bewertet wird als das von Männern. Wenn man beispielsweise eher locker und flapsig auftritt, dann wird das bei Männern als souverän bewertet und bei Frauen als unwissenschaftlich. Und wenn man, sagen wir mal, eher, es ist ja mitunter auch einfach ‚ne Typfrage, eher zurückhaltend und kühl auftritt, dann gilt das bei Männern eben als wissenschaftlich streng, bei Frauen eher als: mit der ist ja gar nichts anzufangen. Das sind, glaube ich, Dinge, die wirklich so ein bisschen unterschwellig eine Rolle spielen. Niemand wird heute mehr klar sagen, ich will keine Frau hier in der Fakultät. Aber gerade bei der Generation der jetzt 55/60-jährigen, die natürlich jetzt so allmählich aus den Unis rauswächst, gibt es diese Einstellung.“
„Aber ich hab schon den Eindruck, dass beim männlichen Wissenschaftler, dass die dann eher darauf gucken, ach, da ist ein Kollege, […] jemand, der mir ähnlich ist.“
– „Der Halo-Effekt?“
„Richtig. Und gut, Frau und Mann können sich schon mal nicht so ähnlich sein wie Mann und Mann. Ganz einfach. Und da muss Bewusstsein geschaffen werden.“
„Also, den wollte er. Das war sein Freund, Schüler irgendwie was. So. Und dann hat diese ganze Männerkommission das geschafft, dass dieser Kerl, der obendrein noch nicht mal reden konnte und der eine Katastrophe war, dass der auf den ersten Platz kam. Und eine Frau, die wir heute dann berufen haben, die Spezialistin war […], die hat einen sehr guten Vortrag gehalten. Die haben die runtergebügelt in einer Art und Weise, das war nicht zu glauben. Also wirklich, es war wirklich schlimm. Und ich saß dann als Frauenbeauftragte dazwischen. Und dann hat der Kommissionsvorsitzende zu mir gesagt, ja was wollen sie denn. Das ist doch 9 zu 1 gegen Sie. Und dann hab‘ ich gesagt, nee, Sie täuschen sich, das ist 1 zu 9 gegen Sie. […] Die ganze Fakultät hat ein ganzes Semester nicht mit mir gesprochen. […] Also das hätte zum Beispiel eine wissenschaftliche Mitarbeiterin nicht durchgestanden. Die hätten die auf jeden Fall weggefegt. […] Hab ich oft mal erlebt, sobald da wissenschaftliche Mitarbeiterinnen sitzen, haben die keine Chancen sich durchzusetzen. Es müssen auf jeden Fall Frauen sein, die das Standing haben. Das ist wichtig. Es sollten schon Professorinnen sein. Sonst gehen die unter in den Fakultäten.“
„Meine Position war nicht so stark. Es wurde manchmal so nach dem Motto angedeutet, Sie sind ja nur Mitarbeiterin und eben keine Professorin und können das noch nicht überblicken. Obwohl ich dann denke, ich kann mir genauso die Veröffentlichungsverzeichnisse angucken oder so […] Es hat mich schon überrascht. […] Und es ist nicht so, dass hinterher die Besten eingestellt werden, sondern wirklich manchmal Leute, wo man, wenn man davor sitzt, einfach nur denkt, der hat doch schlechtere Noten hier, der hat da noch weniger, der hat hier nicht das Ausland, der hat da nicht das, warum nehmen wir den jetzt? Weil, passt besser ins Kollegium. Oder so Sachen wie: der nimmt den Ruf auch an, der andere nimmt ihn hinterher nicht an. […] Also, ich fand’s undurchsichtig, […] das Verfahren ist nicht so transparent, dass man da wirklich viel mitarbeiten kann, sondern, ohne dass man’s mitkriegt, gibt’s häufig, glaube ich, schon Entscheidungen in welche Richtung das geht, bevor das alles offiziell entschieden wird.“
„Ich glaub, am nettesten fänden die das, wenn ich dann die ganze Zeit da gesessen und gesagt hätte: ‚das machen wir hier alles total gut‘.“
„Was ich auch nicht kann und was manche glauben, dass es möglich ist, dass man in Berufungsverhandlungen Einfluss darauf hat, dass Frauen zum Zug kommen. Das ist meiner Ansicht nach eine absolute Illusion. Und wenn manche sich das immer auf die Fahne schreiben, dass sie es waren, die eine Frau durchgesetzt haben, dann glaube ich das nicht, sondern ich glaube eigentlich, dass die Frau dann schlicht besser war und die Männer das auch eingesehen haben oder dass die Frau eine starke Lobby in der Professorenschaft hatte.“
„Da haben wir jetzt einen Generationswechsel hinter uns. Da waren wirklich unendlich viele Berufungsverfahren, und ich denke, nur in wenigen Fällen konnte ich sozusagen dafür sorgen, dass eine Frau berufen wird, die es sonst nicht geschafft hätte. […] Aber in allen anderen Fällen war es wichtig, dass ich als Funktionswächterin dabei war und die wussten, sie müssen mindestens die Form wahren. Und das hat schon oft dazu beigetragen, dass dann ‚ne Frau überhaupt in die nähere Wahl kam und überhaupt eine Chance kriegte und dann vielleicht sogar berufen wird. Weil vorher und ohne das wäre es einfach immer so weiter gegangen. Also die hätten einfach ihren Stallgeruch, Netzwerk, Politik weitergezogen, und die Frauen wären einfach schon im Auswahlverfahren rausgefallen. Also, insofern allein das Dabeisein hat schon ‚ne Funktion.“
„Mein Eindruck war manchmal leider, dass es nicht so ist, dass unbedingt sich der Beste oder die Beste durchsetzt, sondern einfach dann doch der oder die, die irgendwelche guten Connections zu unserer Uni oder zu bestimmten Professoren haben. […] Manchmal ist es auch mal öffentlich geäußert worden: ‚Ich kenn den doch gut, und der passt gut zu uns ins Kollegium‘ oder, oder, oder. Wo man dann natürlich da sitzt und denkt, ich dachte wir sitzen hier mit dem Ausschreibungstext und gucken fachlich, wer hier am besten passt. Und dann kommen solche Sprüche. […] Manchmal gab’s so O-Töne wie: ‚Ja, Ausschreibungstext machen wir nur, weil wir es machen müssen, und dann stellen wir sowieso ein, wen wir möchten‘. Und es gibt auch Verfahren, wo Leute genommen werden, weil sie das und das machen, was überhaupt nicht im Ausschreibungstext stand. Aber man möchte jetzt doch den und den haben. […] Für mich war es am Anfang so absurd, dass ich nur dachte, das kann ja gar nicht sein. Aber es kann alles sein.“
„Auf der einen Seite wird gesagt, es wird ganz viel Wert auf die Lehre gelegt und wie die Leute das machen. Also, dass es ein wichtiges Kriterium ist. Auf der anderen Seite wird es auch immer so gebogen, wie man gerade möchte. Dann, wenn man jemand anders gerne nehmen möchte, dann sagen die, wir hätten lieber den, der war zwar nicht so gut in der Lehre, das ist ja auch nicht alles. Geht ja vor allem um die Forschung. Und andersrum dann wieder genau das Gegenteil. Je nachdem wie man sich das zurechtlegt.“
„Das kommt sehr auf den Kommissionsvorsitzenden an, muss ich sagen. Manche hatten definitiv auf dem Schirm und gesagt, die Frauen […] gucken wir uns besonders an. […] weil andere dann direkt gesagt haben, oh, so ‚ne kurze Veröffentlichungsliste, die gucken wir uns erst gar nicht an. […] Auf der anderen Seite gab’s aber auch welche von den älteren, die gesagt haben, Imageschaden. Wir können uns das jetzt nicht mehr erlauben. Wir müssen jetzt mal ‚ne Frau einstellen. […] Zwei, dreimal habe ich auch von Leuten gehört, ja, ja, ich hab ja auch ‚ne Tochter, und hier müssen wir auch mal was für die Frauen tun.“
„Also ich bin jetzt wieder auf ein Problem aufmerksam geworden. Es gibt eine Berufungskommission für eine Nachfolge, da hat man mich überhaupt nicht gefragt, da sind nur Männer drin, da ist nicht eine Frau drin. Und jetzt hab ich heute erst noch mal recherchiert, ich dachte, wie kann das passieren. […] Dann hab ich mir die Protokolle geholt, und dann hab ich gesagt, also es geht einfach nicht so. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ich mach‘ hier Theater, oder ich halte die Füße still und rufe bei der zentralen Frauenbeauftragten an, da ist jemand, der für Berufung zuständig ist.“
„Intern ist schon der Ruf so nach dem Motto, bei den Juristen sind die Verfahren am schlimmsten. Weil die dann ja immer noch sagen können, wir können das, wir wissen, das kann man auch so und so verstehen, so und so auslegen.“
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
„Die Frauen müssen sich fragen, wie vereinbare ich Karriere und Familie. Was wir hier erreichen wollen ist, dass die Männer sich auch mal ein paar Gedanken um das Ganze machen. Wenn die sich keine Gedanken machen, dann geht’s ja immer so weiter. Die Frauen haben das schlechte Gewissen. […] Und die Männer machen weiter wie immer. Für die stellt sich die Debatte überhaupt nicht. Solange die nicht stärker unter Druck geraten, […] wird da gar nicht passieren. […] Die Frauen müssen sich immer ändern. Und die reden ja schon seit 30 Jahren um ihre Veränderungen. Die Männer reden um nix.“
„Ich hab’nen Mann, der nie da ist. […] Unter diesen Bedingungen möchte ich eigentlich keine Kinder kriegen. […] Und wenn ich dann eine Professur habe, werde ich, glaube ich, mich auch nicht als erstes fortpflanzen. […] Also es ist schon ein Dilemma für mich. […] Mir hat mal eine ältere Frau gesagt: „Jetzt hab ich schon verzichtet auf Kinder, und es hat trotzdem nicht geklappt mit der Professur.“ Das hat mich noch mal stark von diesem Uniweg abgeschreckt, dass ich denke, das ist halt so, … das ist so aussichtslos irgendwie.“
„Also ich glaube im Prinzip, das was den Frauen das Berufsleben auch in der Fakultät und woanders schwer macht, was man auch mit Geld und Kinderfrau nicht überwinden kann, das sind die Kinder. Und dass Frauen sich einfach mehr verantwortlich fühlen, wenn zuhause etwas schief läuft, dass sie einfach abgelenkter sind.“
„Also und natürlich ist es nach wie vor ungeklärt, was ist denn mit Frauen in der Karrierephase mit Kindern. Und das sagen auch die erfahrensten Frauenbeauftragten, das ist nach wie vor das Hauptproblem.“
„Zunächst mal ist eine Professur für Frauen regelmäßig mit Fernbeziehung und Pendeln verbunden. Ich habe es eine Zeitlang versucht, in meiner Vertretungszeit, da hatte ich W2 ohne Zulagen. W2, zwei Haushalte und Pendeln, man legt drauf. Man kann davon nicht leben. Also auch bei bescheidenster Lebensführung, man kann von W2 ohne Zulagen keinen doppelten Haushalt führen und dann vielleicht auch noch mal gelegentlich durch die Republik fahren, um sich zu sehen. Ich musste in meinem Leben immerhin vier Rufe haben, um jetzt so halbwegs auf C4 zu kommen. Was man früher beim ersten Ruf hatte.“
„Das heißt also, normalerweise ist eben ein halbwegs leistungsangemessenes Gehalt für alle Professuren mit mindestens dreimal Umziehen verbunden. Und das in einem Alter, in dem alle anderen schon ihre Häuschen gebaut haben und beruflich und privat gesettled sind. Das heißt also, alles familiäre, nicht nur Familie und Kinder bekommen, sondern auch noch Beziehung, ist im Grunde eigentlich sehr, sehr viel schwieriger. Denn Männer haben doch noch eher so die Frau, die mitzieht, wenn sie umziehen müssen.“
Ulrike Schultz, Silke Schröder: Wirtschaft und Forschung
In: Rechtshandbuch für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte.
Die Autorin
Ulrike Schultz – Akad. Oberrätin a.D., Juristin. 1971–1973 Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, seit 1976 wiss. Mitarbeiterin an der FernUniversität in Hagen. Von 1978-2008 Leiterin des Arbeitsbereichs Rechtswissenschaft im Zentrum für Fernstudienentwicklung, 2008 - 2014 rechtswissenschaftliche Fakultät der FernUniversität.
Konzeption und Projektmanagement mehrerer großer Weiterbildungsprogramme: Frauen im Recht, Rechtskunde, Virtuelle Geschlechterstudien, Einführung in den Anwaltsberuf, Gendermodul im Master of Laws.
Forschungsprojekte u.a. zu Frauen in Führungspositionen der Justiz NRW, Juraprofessorinnen, Women in the World´s Legal Professions, Gender and Judging und Gender and Careers in the Legal Academy.
Die Autorin
Silke Schröder: Studium in London, England, BA in Psychologie, MA in Human Resource Management. Langjährige Erfahrung in den Bereichen Personalentwicklung, OE / Change Management und Rekrutierung in der Industrie und im Mittelstand. Bisherige Arbeitgeber u.a.: Deutsche Bank AG, Friedrichstadtpalast mbH, Engel & Völkers Commercial. Heute in eigener Beratungspraxis mit den Schwerpunkten Personal- und Investitionsmanagement und für die FernUniversität Hagen tätig.